Gastkolumne: Arno von Rosen: Sport ist ... Mord!

Sie wussten, dass ich das schreiben würde? Gut, ich wusste, dass Sie das denken würden. Nun sind wir quitt und wenden uns dem Artikel zu, denn er ist ernst und ich kenne mich mit körperlicher Ertüchtigung wirklich aus. Zwischen meinem 17 und 23 Lebensjahr habe ich Hochleistungssport betrieben und damit meine ich 6 Tage Training die Woche. Jeweils 2-3 Stunden am Morgen und 3-4 Stunden am Nachmittag. Keine Muckibude, sondern Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und Ausdauertraining mit 100 km Rad fahren, 10-25 km Lauftraining und 2-3 Kilometer schwimmen (am Tag). 800 m in 1 min 58 sek, Marathon 2,38 Std. Dazu Football, Tanzen und Brötchen holen in der 5 km entfernten Bäckerei als Aufwärmtraing. Ergebnis: Ruhepuls 46, Gewicht 72 kg, Größe 180 cm, 800 Watt für 3 min bei max 196 Herzschlägen, Lunge 5,7 Liter, Herz fast doppelte Größe. Dazu schon damals ausgewogene Ernährung ohne Alkohohl, aber Kohlenhydrate bis der Arzt kommt. Echten Sportlern werden diese Werte etwas sagen, aber es dient nur zur besseren Anschauung und ein gewisses Verständnis, wie lange es dauert eine solche Form zu erreichen. Worum gehts?

Wir lieben Spitzensport und wenn jemand besonders erfolgreich ist, wird er gerne mal zum Helden. Ob Rad fahren oder Leichtathletik, aber auch der Fußball ist Spitzensport. Wer das nicht glaubt, soll einfach mal das Spielfeld 4 mal ablaufen (nicht spazieren) und danach seinen Puls messen und wie lange es dauert, bis dieser wieder unter 100 Schlägen pro Minute ist. Bei mir waren es 60 Sekunden, um von 160 Schlägen wieder auf 90 zu kommen und nach 5 Minuten war er bereits im Ruhepulsbereich. Es gibt keine Tricks, um diese Werte zu erreichen. Weder chic klingende Bauchtrainer, die ich beim Fernsehgucken umschnalle, noch (un)leckere Drinks und ebenfalls keine noch so ausgefeilte Diät. Es hilft alleine die Beständigkeit und die körperlichen Voraussetzungen, welche angeboren sind wie, Größe, Muskulaturaufbau, Sauerstoffumsetzung, exzellentes Knochengerüst usw. Natürlich gibt es verbotene Substanzen, die entweder die Muskulatur aufbauen oder Produkte, welche mehr Sauerstoff in den Körper bringen (Epo, ein körpereigener Stoff in gewissen Mengen) und damit eine schnellere Regeneration des Körpers bewirken, also den Punkt, wo der normale Mensch tagelang mit Muskelschmerzen und Energieverlust leben muss, die sich Extremsportler nicht leisten können. Wieso nicht?

Nehmen wir mal den Radsport und hier gleich die viel gepriesene Tour der Leiden durch Frankreich. Nach den Dopingskandalen der vergangenen Jahre und der teilweisen Abstinenz der öffentlich rechtlichen Sender, ist wieder alles beim alten. Sie fahren wieder, unsere Helden, egal aus welcher Nation. Da erleidet der Gladiator auch schon mal einen Einbruch und verliert viel Zeit auf einer Etappe, aber am nächsten Tag greift er natürlich an, überwindet seinen inneren Schweinehund, wächst über sich hinaus und vollbringt ein Wunder! Falsch. Wunder gibt es nur in der Natur und da wäre es schon ein Wunder, wenn solche Strapazen keine gesundheitlichen Schäden hinterlassen, denn was wir als übermenschlich bezeichnen ist es auch. Um solche Tage, gleich mehrfach, überstehen zu können, reicht die Regenerationsfähigkeit selbst eines austrainierten Körpers nicht aus, denn unser Organismus ist für diese Dauerhöchstleistung nicht gebaut, weshalb dann mit sauerstoffangereichtertem Blut und anderen Mittelchen nachgeholfen wird. Dies gilt natürlich ebenfalls für den Fußball oder ganz ohne Frage für Leichtathletik. Beispiele?

Wer kennt nicht noch Carl Lewis, King Carl, der Goldmedaillen reihenweise für die überlege USA abgeräumt hat oder seinen bösen Kontrahenten, Ben Johnson (Kanada), welcher bis zur Halskrause gedopt war. Übrigens genauso wie Carl, nur, dass diese Dopingergebnisse erst lange nach seiner Karriere bekannt wurden und durch Bestechung vom US Verband vor jeden Olympischen Spielen eine Veröffentlichung verhindert wurde. So, wie bei 8 der 10 besten Sprinter oder Läufer im Allgemeinen. Auch bei der WM in London laufen wieder Sportler die zuvor schon des Dopings überführt und gesperrt wurden und ..., gewinnen wieder Gold. Absurd finden Sie? Ja, aber eingeschaltet wird trotzdem, denn unsere Athleten sind bestimmt sauber, denn diese sind einfach zu schlecht, um gedopt zu sein. Wieder falsch. Schlechtes abschneiden hat selten etwas mit Doping zu tun, sondern mit professionellem Training und da habe selbst ich in meiner Jugend mehr gemacht, als Teilnehmer von Weltmeisterschaften, aber ich musste auch nicht nebenher arbeiten, studieren oder in irgendwelche Trainingscenter fahren. Meine Zeit galt dem Trainig, aufstellen von Plänen, kontrolle meiner Leistungen und richtiger Ernährung.Ich musste auch nicht für mein Land den Beweis antreten besser zu sein, als ein anderes politisches System, so wie Sport heute betrieben wird.

Leider ist niemand am Austrocknen dieser Umstände interessiert, selbst wenn Russland als ganze Nation gesperrt wurde, was armselig ist, angesichts der Dopingmöglichkeiten und deren schnelle Verschleierung durch andere Medikamente, die mit aktuellen Methoden nicht nachzuweisen sind, erst in ein paar Jahren und wer interessiert sich dann noch für Olympia Rio? Niemand, denn Sport ist nur Live interessant und nur dann lassen sich Botschaften und Werbung verkaufen. Und nur dann wird "Big Money" gemacht. Rückzahlungen a la Lance Armstrong sind höchst selten, da jeder in dieser Branche weiß, wie solche Leistungen zustande kommen, aber man redet nicht drüber, außer mal unser ehemaligen Kaiser Beckenbauer, der so lapidar über ein paar Spritzen vor dem Spiel geplaudert hat und alle lachten darüber, außer vielleicht die Verlierer. Sind denn alle Sportler gedopt?

Natürlich nicht! Nur werden SIE den Unterschied nicht sehen, wenn Sie nicht wissen, wie sich ein voll austrainierter Körper anfühlt und wie dünn die Grenze zwischen einem fantastischen Tag und einer normalen Höchstleistung ist. Das Usain Bolt keine Spitzenleistung mehr bringen kann, sieht man alleine an den Muskelansätzen seiner Oberarme (nein, kein Scherz) die nicht dieselbe Ausprägung ausweisen, wie zu seinen besten Zeiten. Ergebnis von viel zu wenig Training, entweder durch Verletzungen, denn ein Sportlerkörper altert im Zeitraffer oder fehlender Motivation die vielen Stunden zu arbeiten, die für eine Goldmedaille ausreichen. Er muss also nie gedopt haben um so gut zu sein, aber Sie sollten immer bedenken. Ein Sportass kann seine Bestform nie auf Befehl abrufen, sondern nur 95 Prozent, der Rest ist Tagesform und die 100 % erreicht niemand oft in seinem Leben, weil ein Körper die maximale Leistung eigentlich nur unter tödlicher Bedrohung abgibt und die ist nicht täglich simulierbar.

Mein Zitat von heute stammt von Voltaire (1694-1778, François-Marie Arouet) französischer Philosoph und Schriftsteller. "Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun." 

Es grüßt Sie Ihr gemütlich trainierter Arno von Rosen, Buchautor, Kolumnist, Blogger und Nichtmehrsportgucker. Falls Sie Sport betreiben, machen Sie Pausen, falls nicht, bewegen Sie sich endlich von der Kiste weg! Und die Schlaumeier unter Ihnen sollten wissen, dass Winston Churchill zwar 91 Jahre alt wurde, aber einen Herzinfarkt und zwei Schlaganfälle zuvor hatte.



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